Der Arbeitskreis bayerischer Wirtschaftsarchivare tagt in unserer Innung

- ein besonderer Tag mit großartiger Außenwirkung

Donnerstag, der 2. Juni war wirklich ein besonderer Tag für die Innung mit Strahlkraft weit über den eigenen Tellerrand hinaus.

Da hielt nämlich der Arbeitskreis bayerischer Wirtschaftsarchivare seine alljährliche Tagung ab.

Zum Hintergrund:

Als unsere leider so früh verstorbene Elfriede Speck 2005 mit ganzer Leidenschaft ein professionelles Innungsarchiv aufzubauen begann, wandte sie sich an die Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs Dr. Eva Moser, die ohne zu zögern ihre Unterstützung zusagte.

Dr. Eva Moser

Das von ihr und zwei Kollegen betreute Archiv pflegt die Bestände von Unternehmen, die es entweder nicht mehr gibt oder, die ihr Archiv in professionelle Hände geben wollen. In jedem Fall handelt es sich um wertvolle Bestände, die zur Wirtschaftsgeschichte Bayerns und damit auch zu dessen kulturellen Erbe gehören.

Ein schöner Nebeneffekt dieser Zusammenarbeit war, dass wir in den erlauchten Kreis der führenden Wirtschaftsarchive in Bayern aufgenommen wurden, darunter so klingende Namen, wie Allianz, BMW, Brose, Münchner Rück, F.X. Meiller, Giesecke & Devrient, Siemens, Wacker Chemie … und auch die Metzgerinnung.

Nachdem die Archiv-Verantwortlichen der Innung über viele Jahre Tagungsteilnehmer in anderen Häusern waren – die Firmen wechseln sich als Gastgeber jährlich einer nach der anderen ab – schlug Geschäftsführer Dr. Weber vor, dass die Innung 2022 selbst Gastgeber sein wolle. Gesagt – getan!

In vielen Wochen der Vorbereitung wurde ein Konzept erarbeitet, das Archiv vorbereitet, Dozenten gewonnen, Vitrinen bestückt, geordnet und beschildert, die Tagesordnung verfasst und abgestimmt und schließlich noch eine kleine Generalprobe gemacht. Dabei haben wir erst richtig den überragenden, anschaulichen Wert unseres Archivs neu entdeckt, das ja Dank eines engagierten Ehrenamts kontinuierlich weitergeführt wird.

Am 2. Juni zwischen 10:00 und 10:30 Uhr fanden sich dann 34 erwartungsvolle Archivarinnen und Archivare ein und wagten schon einmal einen Blick auf die Ausstellung, die sie später noch eingehend bewundern konnten. Das schöne Wetter nutzten wir gleich zu Beginn für ein fröhliches Gruppenfoto unter der schönen Buche im Innungsgarten.

Obermeister Andreas Romanow ließ es sich nicht nehmen, die Teilnehmer persönlich zu begrüßen und auf den Tag positiv einzustimmen. Frau Dr. Moser nutzte im Anschluss die Gelegenheit sich bei der Innung zu bedanken, neue Mitglieder des Arbeitskreises vorzustellen und die eine oder andere Mitteilung in eigener Sache zu machen: wie immer humorvoll und kurzweilig. Die gemeinsame Freude endlich wieder einmal ohne Corona-Beschränkungen zu tagen, war mit Händen zu greifen.

Dr. Weber skizzierte in einem einstündigen Vortrag die Geschichte der Münchner Malerinnung von der Zunftzeit bis zum heutigen Tage mit vielen Bildern und auch Auszügen aus Dokumenten, die die Teilnehmer bisweilen zum Schmunzeln brachten. Er erklärte, was es mit den drei Schilden auf sich hat, und warum dieses alte Malerwappen schließlich auch von den Künstlern übernommen wurde. Ganz einfach: weil der Maler als Wappenmaler (synonym: Schilderer) seit dem Mittelalter immer auch Gestalter und Künstler war. Schließlich schufen die besten Vertreter ihres Handwerks auch die Bilder für Hochaltäre und fassten großartige Figuren farblich und vergoldeten sie auch. Erasmus Grasser als Bildschnitzer und Maler war einer der ganz prominenten Künstler/Handwerker an der Schwelle zur Neuzeit und einer der sog. Zunftvierer. Dieses Vierer-Gremium aus 4vierPersonen) stand der Zunft der Maler, Bildschnitzer, Glaser und Seidensticker vor und bestimmte seine Geschicke maßgeblich.

Auch den Weg von der Innungsgründung 1885 bis zur heutigen Innung als modernem, gleichwohl traditionsbewusstem Berufsverband beleuchtete Dr. Weber in seinem Vortrag.

Die Archivführung fand in zwei Gruppen statt und wechselte parallel mit der Führung durch die Ausstellung der Leistungskurs-Exponate. Die übernahm unser Ausbilder Hans Fichtl. Die Gäste staunten nicht schlecht, was unsere begabten Azubis im dritten Lehrjahr alles hervorbringen.

Unser Archiv war eine wahre Fundgrube spannender, manchmal kurioser Dokumente und Gegenstände. Die sich anschließende Archivführung, vorbereitet von unserem Archivar Herrn Stefan Blug und dem stv. GF Matthias Heinrich war für alle Teilnehmer sehr spannend, durften sie die Dokumente doch nicht nur sehen, sondern auch in ihnen blättern. Ein Highlight der anderen Art bildeten die überaus künstlerisch gestalteten Faschingsorden von Prof. Paul Mariel, der einmal Vorstandsmitglied der Innung und später sogar Leiter der städtischen Berufs- und Meisterschule war.

Nach dem Mittagsbuffet hatten wir noch eine Überraschung in petto. Vier Meister ihres Fachs präsentierten unser Handwerk in einer eigenen Ausstellung mit liebevoll gestalteten Vitrinen, in denen zahlreiche Artefakte vorgestellt und zum Teil auch vorgeführt wurden.

Von seinem Vater war vorhin schon die Rede. Unser Ehrenmeister Jochen Mariel – Gründer und langjähriger Leiter unseres Bildungszentrums - eröffnete den Ausstellungsreigen, der hier im Uhrzeigersinn beschrieben wird. Wunderschöne Mustertafeln, zum Teil aus der Werkstatt seines Großvaters, zeigte er den staunenden Teilnehmern. Das sind wertvoll lackierte und bemalte – auch vergoldete Platten, die den hohen Stand der Malerarbeiten in den 20er aber auch 50er Jahren widerspiegeln und den Kunden auf den Geschmack und zur Auftragserteilung bringen sollten. Jochen Mariel zeigte aber nicht nur die Ergebnisse, sondern erklärte auch, wie das gemacht wurde. Aber keine Sorge: so etwas kann niemals von einem Do-it-yourselfer nachgemacht werden. Die Arbeiten erklärten augenscheinlich, warum die Malerwerkstätte Mariel einen ausgezeichneten Ruf für feinste Arbeiten genoss.

Weiter ging es mit Heinz Funk, unserem langjährigen Mitglied der Meisterprüfungskommission, der hochkompetent und leidenschaftlich das Thema Tapeten vorstellte - von der professionellen Verarbeitung bis zu den Tapetenarten und -motiven: Die Teilnehmer hingen an seinen Lippen, als er die verschiedenen Materialien und Qualitäten der Rollen vorstellte. Großartige Bildbände hatte er zudem aus seiner privaten Bibliothek dazu genommen. Aus denen konnte man die Moden und Vorlieben der letzten drei Jahrhunderte wunderbar ablesen. Unsere originalen Musterbücher aus den 20er Jahren – gespendet von Alois Rupprich – waren ebenfalls dicht umstanden. Und auch die Gestaltung mit der Musterrolle – für den etwas kleineren Kunden-Geldbeutel – fehlte nicht. Heinz Funk zeigte dies sehr anschaulich mit einem der ausgestellten Objekte. Einer der Höhepunkte seiner beruflichen Arbeit war sicherlich der Flug mit einem Kunden nach Paris. Bei der Firma Zuber suchte sich dieser dort gemeinsam mit ihm eine geeignete Tapete aus. Die Manufaktur Zuber ist bis heute eine der renommiertesten und teuersten der Welt. Schon Napoleon hat hier bestellt, aber auch Jackie Kennedy, die einen Raum im Weißen Haus mit kostbarsten Landschaftstapeten ausgestaltet haben wollte.

Heinz Funk zeigte dies sehr anschaulich mit einem der ausgestellten Objekte. Einer der Höhepunkte seiner beruflichen Arbeit war sicherlich der Flug mit einem Kunden nach Paris. Bei der Firma Zuber suchte sich dieser dort gemeinsam mit ihm eine geeignete Tapete aus. Die Manufaktur Zuber ist bis heute eine der renommiertesten und teuersten der Welt. Schon Napoleon hat hier bestellt, aber auch Jackie Kennedy, die einen Raum im Weißen Haus mit kostbarsten Landschaftstapeten ausgestaltet haben wollte.

An der dritten Station begeisterte Hans Fichtl, der Leiter unseres Meistervorbereitungskurses und des Leistungskurses mit dem Thema Vergoldung. Als Maler- und Lackierermeister und Vergoldermeister in Personalunion, zeigte er am Beispiel einer Ölvergoldung die unvorstellbar geringe Materialstärke von Blattgold: 0,000125 Millimeter. 8000 Blätter würde man benötigen um auf 1mm zu kommen.

So frappierte er eine Teilnehmerin, der er ein Blatt 24karätiges Gold auf die Hand legte. Die traute sich nun nicht mehr, ihre Hand zu bewegen und war fassungslos, als Herr Fichtl sie aufforderte, sich auch noch die Hände zu reiben. Natürlich verschwand das Gold bis auf ein paar wenige, winzigste Flitter vollständig. Aber der Eindruck war enorm. In der außerordentlich ästhetisch gestalteten Vitrine fand sich alles zur Polimentvergoldung, z.B. vom Vergoldermesser über den Anschießer bis hin zum Achatstein, der Champagnerkreide und dem Poliment selbst.

Den Abschluss des Reigens bildete Gerhard Jehl, seines Zeichens Kirchenmaler-Meister und jahrzehntelanger Fachlehrer an der städtischen Meisterschule. Wir freuen uns, dass er uns noch immer im Leistungskurs unterstützt und den Teilnehmern die raffinierte Technik der Graumalerei nahebringt. Er wusste Spannendes zur Farbherstellung aus unterschiedlichen Pigmenten zu erzählen. Das machte der Maler früher selbstverständlich selbst. Auch heute verbotene Farben und Pigmente, wie z.B. Bleiweiß und das hochgiftige „Schweinfurter Grün“ hatte er im Sortiment, insgesamt ein beeindruckendes Kaleidoskop aus mineralischen, pflanzlichen und synthetischen Farbstoffen. Dazu präsentierte er einen Ausschnitt aus dem umfangreichen Werkzeug des Malers, vom Läufer bis zu einer Fülle von Spezialpinseln.

Frau Dr. Moser ließ es sich nicht nehmen, sich nochmals bei der Innung für die Veranstaltung zu bedanken. So schrieb sie:

Die Innung sorgte auch für das leibliche Wohl

„auch auf diesem Weg noch einmal ein sehr herzliches Dankeschön für die ganz wunderbare Veranstaltung gestern bei der Maler und Lackierer Innung. Wir haben viele, viele nette Rückmeldungen bekommen. Die Teilnehmer waren begeistert, allgemeiner Tenor: "Das war etwas ganz Besonderes!" Ihr habt Euch mit dem Programm so viel Mühe gemacht: Der Vortrag war hochinteressant, die Führungen durch die Begabten-Arbeiten waren toll, aus dem Archiv hat man die Besucher gar nicht mehr herausgebracht (da hat Herr Blug ja wirklich Schätzchen gezeigt) und die Präsentationen an den vier Ständen unglaublich eindrucksvoll. Die Herren waren so reizend und haben richtig spannend präsentiert. Wir haben uns auch sehr darüber gefreut, dass sich Herr Romanow so viel Zeit für uns genommen hat. Ein herzliches Dankeschön auch für die leckere Verköstigung….”

Ein großes Dankeschön an alle Mitwirkenden - auch an das wie immer sehr engagierte Team unserer Geschäftsstelle: Ein rundum gelungener Tag!

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